Wie ich zur Familie Cosseddu kam

Auf einer meiner Recherchereisen vor etwa besuchte ich das ristorante „Sa Funta“ in Cabras, das damals wegen seiner Küche in der internationalen Fachpresse gerühmt wurde. Im Gespräch mit dem Besitzer und Koch fragte ich diesen nach einer empfehlenswerten Ölmühle. Er nannte mir die Azienda Cosseddu in Seneghe, bei der er immer sein Öl hole. Also fuhr ich hinauf in das am Südhang des erloschenen Vulkankegels Monteferru gelegene Seneghe.

Nur mit dem Namen und der Straße ausgestattet, fand ich natürlich nichts. So ging ich in die Dorfbar, wo mir mehrere anwesende Männer in einer für mich komplett unbekannten und unverständlichen Sprache (es stellte sich dann heraus, daß es Sarden waren, die einst in einem offensichtlich sehr abgelegenen Kanton der Schweiz arbeiteten und eine italosardische Variante des dortigen Schweizer Dialektes redeten), weiterhelfen wollten.

Angesichts der gröberen Verständigungsprobleme schwang sich kurzerhand einer der Anwesenden auf sein Moped, brauste vor mir her, zeigte auf eine Haustür ohne Namensschild und sauste wieder davon. Ich klingelte, trotz Siestazeit. Es öffnete eine zierliche, überaus freundliche Mama und bat mich herein. Ich fragte nach Ihrem Olivenöl und sie sagte mir: „Heute morgen war schon der Fahrer von unsrem Inselpräsidenten da und hat einen Karton als Geschenk für einen Gast geholt“. Da war mir klar: wenn der Inselpräsident Öl von Cosseddu als Geschenk für einen „Staatsgast“ vorsieht, dann bin ich hier mehr als richtig.

In aller Bescheidenheit bat mich Frau Cosseddu herein, servierte mir Leckereien aus eigener Produktion wie Käse, Schnaps und Brot und zeigte mir schließlich auf Nachfrage die Pokale und Urkunden, mit denen Ihr Ölivenöl bereits prämiert worden waren.

Schließlich spazierte sie mit mir zum nahen Öllager im Hause von einem Ihrer Söhne und verkostete mit mir das neu gepresste Öl. Ich fand es schlicht extraprima, denn es ist tatsächlich wie Sardinien – voller Charakter und außergewöhnlich „fruttato“. Ich war begeistert, vom Öl ebenso wie von der Gastfreundlichkeit der Mama. Seither fahre ich bei jeder meiner Reisen bei den Cosseddus vorbei und decke mich mit dem wunderbaren Öl ein.

Ich lernte die beiden Söhne kennen und es entwickelte sich eine richtige Freundschaft. Alle freuen sich von Herzen wenn wir uns sehen. Das letzte endete in einem langen gemeinsamen Abendessen mit Onkels, Tanten, Kind und Kegeln, wobei ich die Gelegenheit hatte, vom Grillmeister Gianni persönlich zubereitetes  „Bue Rosso“ - einer raren, uralten  Rinderart im Monteferru mit besonders exzellentem Fleisch -  zu essen. Es war himmlisch, zusammen mit dem Hauswein.

Damals kannte noch kaum jemand dieses außergewöhnliche Öl, selbst auf Sardinien war es nur schwer zu finden. Zwischenzeitlich wird es sogar bis nach Japan exportiert. Trotz diesem tollen Erfolg blieb die Familie Cosseddu freundlich und bescheiden. An der Haustür von Mama Cosseddu ist noch immer kein Namensschild.

Bruno und Gianni Cosseddu

Mama Cosseddu

Olio extra vergine fruttata